Erste Waggonbrücke Deutschlands in Heiligenhaus

Projektname
Erste Waggonbrücke Deutschlands in Heiligenhaus
Auftraggeber
Stadt Heiligenhaus, Kreis Mettmann
Projektdauer
seit 2009
Bauzeit
8 Wochen in 2009
Bauvolumen
200 T Euro einschl. Widerlagersanierung
Bild
Erste Waggonbrücke Deutschlands
Projektbeschreibung

Eine Vision wurde umgesetzt. Knapp 2 ½ Jahre nach der Idee von Dipl.-Ing. Ulrich Diehl eine Fuß- und Radwegbrücke aus einem ausgedienten Eisenbahnwaggon zu errichten, wurde am 26. Juni 2009 in Heiligenhaus, Kreis Mettmann, die erste Waggonbrücke Deutschlands am Bestimmungsort über der Bahnhofstraße eingehoben.

Sie schließt eine Lücke in der Trasse der ehemaligen Niederbergbahn, die im Rahmen des Alleen-Radweg-Programms des Landes Nordrhein-Westfalen zu einem Radweg umgebaut wurde und ist seitdem ein touristischer Anziehungspunkt für zahlreiche Radfahrer.

Die Idee stieß auf eine breite positive Resonanz. So hielt auch die Ingenieurkammer-Bau NRW das Projekt für so herausragend, dass eine Jury aus hochkarätigen Fachleuten entschied, die Waggonbrücke im Rahmen der in 2008 bundesweit gestarteten Kampagne „Kein Ding ohne Ing“ in einem Video zu dokumentieren.

Die ehemalige Brücke über die Bahnhofstraße wurde kurz nach der Streckenstilllegung im Jahre 1967 rückgebaut. Dabei wurden der Überbau aus Walzträgern in Beton entfernt und die beiden Widerlager belassen. Nach über 40 Jahren bot sich im Zuge der Umnutzung der alten Bahntrasse die Gelegenheit, die Brücke in ihrer neuen Funktion als Fuß- und Radwegeverbindung mit einem ausgedienten Eisenbahnwaggon als Überbau wieder herzustellen.

Bei dem verwendeten Waggon handelt es sich um einen Flachwagen mit Drehrungen der Bauart Rgs-w 672 mit einer Gesamtlänge über Puffer von knapp 20 m und einer Breite von ca. 3 m.

In der Nacht vom 16. zum 17. April 2009 wurde der Eisenbahnwaggon mit einem Spezialtransporter vom seinem Standort in Saarlouis in das rd. 400 km entfernte Arnsberg (Sauerland) gefahren. Dort waren zwei Autokrane erforderlich um den rd. 26 to schweren Waggon vom Transporter zu heben.

Für die zukünftige Nutzung als Brücke wurden die Ladeklappen und Container-Aufnahmepunkte durch Brennschnitte entfernt, die Rungen in senkrechter Position ausgerichtet und angeschweißt. Die Drehgestelle wurden vom Chassis getrennt und alle Stahlteile gesandstrahlt, grundiert und lackiert. Die vorhandenen Drehrungen wurden in vertikaler Stellung angeschweißt und dienen so als Pfosten für das Brückengeländer.

Im Zuge der Maßnahme wurden die notwendigen Sanierungsarbeiten an den Widerlagern durchgeführt. Die Widerlager einschließlich der anschließenden Flügelwände mussten um ca. 1 m abgetragen und abgedichtet werden. Im Bereich der späteren Radwegachse erfolgte zunächst die Erstellung von Ortbetonplatten, in die vorgefertigte Gleisroste einbetoniert wurden. Hierzu wurden die Schienen der ehemaligen Bahnstrecke aus dem Bahnhofsbereich verwendet.

Die angrenzenden Widerlagerwände und Flügel erhielten neue Kappen. Hinter den Ortbetonplatten wurden Stützwandelemente für die Rampenschüttung als Fertigteile versetzt.

Nach Abschluss der Vorbereitungsarbeiten an den Widerlagern wurde der Waggon am 26. Juni 2009 komplett vorkonfektioniert mit einem Spezialfahrzeug nach Heiligenhaus transportiert und dort mit einem 200 to-Kran in seine Endposition eingehoben.

wagon5.jpg

Er steht nun auf den einbetonierten Gleisrosten. Das Drehgestell auf der Ostseite dient als Rollenlager. Das auf der Westseite befindliche Drehgestell wurde als festes Lager auf dem Gleisrost angeschweisst.

Seit der feierlichen Eröffnung des rund 40 Kilometer langen PanoramaRadwegs niederbergbahn am 16. Juli 2011 kann die Waggonbrücke befahren werden. Die Strecke zwischen Heiligenhaus, Velbert, Wülfrath und Haan führt über die ehemalige Trasse der Niederbergbahn und schließt an den RuhrtalRadweg im Norden, die Wuppertaler Nordbahntrasse und in Haan an die weiter nach Süden führende Korkenziehertrasse an.

Seit der in 2011 installierten Illuminierung ist der Touristenmagnet auch in den Abendstunden als begehbares Kunstobjekt erlebbar. Durch die Verwendung eines Eisenbahnwaggons als Brückenüberbau konnten gleich mehrere Aspekte umgesetzt werden: 

  • die Gewährleistung einer wirtschaftlichen Ausführung
  • Ausprägung eines touristischen Alleinstellungsmerkmals im Zuge des PanoramaRadweges
  • eine kurze Bauzeit durch parallele Sanierung der Widerlager und Vorkonfektionierung des Waggons
  • eine Ressourcen schonende Bauweise durch Verwendung eines ausrangierten Waggons
  • die Befahrbarkeit des Überbaus mit Rettungsfahrzeugen und LKW bis 6 to für den Winterdienst

Im Hinblick auf die beabsichtigte Wirkung der Waggonbrücke auf den Betrachter wurde darauf geachtet die Optik des Waggons zu erhalten. So blieben alle Anbauteile (Puffer, Kupplungen) und technischen Einrichtungen (Druckluft-Bremssystem, Feststellbremse, Betriebsumschalter, etc.) erhalten. Auch die am Waggon befindlichen Zeichen und Beschriftungen wurden zu Beginn der Aufbereitungsarbeiten sorgsam abfotografiert, vermessen, digital auf dem PC gesichert und nach dem Lackieren an gleicher Stelle wieder angebracht.

 

Ingenieurleistungen
  • Überprüfung der vorhandenen Widerlager
  • Untersuchung der Baugrundverhältnisse und der Beschaffenheit der Widerlagerhinterfüllung
  • Untersuchung des Altschotters
  • Durchführung von Standsicherheitsnachweisen
  • Objektplanung
  • Tragwerksplanung
  • Ausschreibung und Überwachung
  • Brückenprüfung und Anfertigen eines Brückenbuches

 

wagon.jpg

wagon2.jpg